Der Leipziger Zoo – Ein beliebtes Ausflugsziel in der DDR

Was wäre die Freizeitgestaltung ohne den Zoo. Zu DDR-Zeiten war er ein Publikumsmagnet und war innerhalb der Stadt die besucher_innenreichste Einrichtung. Und nicht nur von Leipziger_innen geschätzt.

Besucher_innen

Leipziger Messe

Die Leipziger Messe war eine Mustermesse. Nach den gezeigten Mustern wurden diese von den Kaufleuten bestellt und geliefert. Die Universalmessen machten Leipzig zu einem Welthandelsplatz. Zu DDR-Zeiten wurde sie zu einem wichtigen Zentrum im Ost-West-Handel und wurde von der SED-Führung genutzt, um die Politik und Wirtschaft der DDR zu präsentieren. Die bekannteste Messe ist die Leipziger Buchmesse, die es seit 400 Jahren gibt und es ist die einzige “DDR-Messe”, die nach 1989/1990 weiterhin jährlich stattfindet.

Der Zoo Leipzig ist ein parkartig gestalteter Zoologischer Garten am Rosental. Gegründet wurde er 1878 durch den Leipziger Gastwirt Ernst Pinkert.
Aus der gesamten DDR, aber besonders auch aus der Volksrepublik Polen und der Tschechoslowakischen Republik kamen Besucher_innen in den Zoo. Der Eintrittspreis blieb über Jahrzehnte gleich: 1,00 Mark für Erwachsene und 50 Pfennig für Kinder. Zu Zeiten der Frühjahrs- und Herbstmesse kamen mehr auswärtige und ausländische Gäste in den Zoo. Die Leipziger_innen nutzten die Zeit dann eher, um die zahlreichen Veranstaltungen anlässlich der Messen zu besuchen.

Der Leipziger Zoo war eine städtische Einrichtung, die der Abteilung Kultur beim Rat der Stadt unterstand. Zoos waren relativ “unpolitische” Institutionen, während andere Kultureinrichtungen, wie beispielsweise Museen oder Theater, politischen und sozialistischen Leitbildern entsprechen mussten. Der Zoo und die Verwaltung der Kongresshalle am Zoo (das ehemalige Gesellschaftshaus des Zoologischen Gartens) verfügten über bis zu 180 Mitarbeiter_innen.

Besonderheiten

Was den Zoo, neben der Größe der Parkanlage von 22,5 Hektar besonders machte, war vor allem sein umfangreicher Tierbestand: Bis zu 800 Tierarten mit ca. 2.000 Individuen (ohne Fische und wirbellose Tiere) sowie die lange und erfolgreiche Tradition in der Raubtierhaltung und -zucht; außerdem das Aquarium und das Terrarium, mit der größten und artenreichsten Tiervielfalt in der DDR. Ein gut ausgebildetes Fachpersonal betreute den Tierbestand mit seinen speziellen Anforderungen. Schon seit 1955 gab es nach entscheidenden Bemühungen des Leipziger Zoos den Beruf des Zootierpflegers als anerkannten Lehrberuf.
Schließlich lockten auch die historische Bausubstanz aus der Gründerzeit sowie die Gebäude aus den 1920er und 1930er Jahren die Besucher_innen an. Diese international sehr wegweisenden Tierhäuser und -anlagen konnten, trotz der schwierigen Beschaffung von Baumaterial und Baukapazität, zu DDR-Zeiten erhalten bleiben.

Das zusätzliche Angebot im Zoo war breit gefächert: Kinder konnten in der Zooschule von Zoo-Pädagog_innen unterricht werden; die öffentlichen, jährlich stattfindenden Zoo-Bälle galten als Dankesveranstaltungen für Geschäftspartner_innen und wurden in der Kongresshalle ausgerichtet. Noch hochrangiger war die Jahrestagung des weltweiten Internationalen Zoodirektorenverbandes. Zur 100-Jahrfeier im Jahre 1978 fanden drei internationale Konferenzen statt, darunter ein Symposium über “Architektur und Technik im Zoo der Tiergärten der Sozialistischen Länder”. Die Bevölkerung nahm regen Anteil an den Eröffnungen von neuen Gebäuden und Anlagen, die zur Verbesserung der Haltungsbedingungen für die Tiere führten.

Beispiele sind eine Zuchtanlage für die weltweit erfolgreichste Zucht von Amurtigern 1968, das neue Vogelhaus mit einer tropisch bepflanzten Freiflughalle 1969, die drei Huftieranlagen an der Rosentalwiese als “Zooschaufenster” 1976 (heute Afrika-Savanne), das erste Menschenaffenhaus in der Geschichte des Zoo Leipzig für Gorillas, Bonobos und Orang-Utans 1982 (heute “Pongoland”) und die Wiedereröffnung des neu gestalteten Aquariums 1989, dessen begonnener Erweiterungsbau erst 1992 fertiggestellt wurde.

Engpässe gab es auch im Zoo

Alltag und Diktatur:

Devisen

Die DDR hatte eine nicht-konvertible Währun, die nur in der DDR gültig war. Um in westlichen Ländern einkaufen zu können, benötigten das SED-Regime wie auch die DDR-Bürger_innen darum Devisen. Diese waren konvertible Währungen, wie beispielsweise die DM oder der US-Dollar. Da vom SED-Regime jegliche Verwechslung von DDR-Mark und DM (Deutsche Mark) vermieden werden sollte, wurde die Währung der Bundesrepublik Valutamark (VM) oder kurz Valuta genannt.

Wie überall in der DDR, gab es auch im Zoo Schwierigkeiten bei der Beschaffung bestimmter Futtermittel. Fleisch musste aus allen möglichen Schlachthöfen aus der Region und Fisch aus Rostock durch den Zoo selbst organisiert und abgeholt werden. Entsprechend bestand die Notwendigkeit für umfangreiche Lager- und Kühlkapazitäten. Südfrüchte wurden meist durch heimisches Obst ersetzt. Da Bananen für das Verabreichen von Medikamenten an Menschenaffen unerlässlich waren, mussten sie aus Interhotel-Reserven oder dem Intershop organisiert werden. Dies war eine Einzelhandelskette, in der die Ware nur mit konvertierbarer Währung, beispielsweise der DM, bezahlt werden konnte.
Pellets (Mischfutterpresslinge) für verschiedene Vögel und Pflanzenfresser gab es in der DDR nicht. Deshalb wurden sie für alle neun Zoos der DDR sowie viele Heimattiergärten nach speziellen Rezepturen im Auftrag des Zoos Leipzig hergestellt und von Leipzig aus weiter verteilt.

Zoologische Gärten der DDR

Nach Kriegsende gab es in der Sowjetischen Besatzungszone nur drei größere Zoos: Dresden (gegründet 1861), Leipzig (1878) und Halle (1901). Sechs Zoos wurden zu DDR-Zeiten gegründet: Tierpark Berlin (Ost-Berlin), Rostock, Schwerin, Magdeburg, Cottbus und Erfurt.

Die Anschaffung von bestimmten Geräten konnte nur erfolgen, wenn sie in der sozialistischen Planwirtschaft nicht dringender benötigt wurden. Baumaterial war generell kontingentiert und in der DDR nie ausreichend vorhanden. Baukapazitäten der Volkseigenen Betriebe und der großen Baukombinate wurden je nach Notwendigkeit für staatliche Aufträge verplant, so dass für Maßnahmen von Zoologischen Gärten in der Regel keine Arbeitskapazitäten vorhanden waren.

Ideenreichtum war unersetzlich

Not macht bekanntermaßen erfinderisch. So berichtet der ehemalige Leipziger Zoodirektor Peter Müller: Wenn ein Zoodirektor einen Kombinatsdirektor besuchte, um ihm zum Geburtstag zu gratulieren, nahm er nicht selten als besondere Attraktion ein Zootier mit. Meist brachte man junge Großkatzen oder auch mal einen Orang-Utan mit. Plötzlich waren zusätzlich Materialien und Bau-Kapazitäten – an der sozialistischen Planwirtschaft vorbei – auch für Baumaßnahmen im Zoo möglich. Auch bei Geburtstagen von politischen Verantwortungsträger_innen der SED konnte man durch solche Besuche ein größeres Entgegenkommen bei notwendigen Entscheidungen erreichen.

Um rote Klinker-Ziegel, die damals nur für den Export produziert wurden, für die Rekonstruktion der zahlreichen unter Denkmalschutz stehenden Klinkerbauten zu bekommen, wurden Betriebshandwerker des Zoos für mehrere Monate in solche Ziegeleien zum Arbeiten geschickt, um danach Deputat-Klinker für den Zoo zu erhalten.

Neue Tiere wurden zu DDR-Zeiten meist mit anderen Zoos (auch weltweit) getauscht, da man nur selten vom Ministerium für Kultur Devisen für Tierkäufe erhielt. Auch hier ließ man sich etwas einfallen. Die Zahlungsunfähigkeit wurde über “Tiertauschkonten” erfasst. Diese wurden in “Verrechnungseinheiten” verbucht, die der Westmark entsprachen. So hatte jeder Zoo mal Schulden und mal Guthaben.

Frühjahrsputz im Zoo

Wie überall in der DDR üblich, wurden auch im Zoo sogenannte Subbotniks verrichtet. Diese teilweise freiwilligen, teilweise erwünschten oder angeordneten Arbeitseinsätze wurden vorwiegend von Betrieben realisiert, die diese Einsätze in ihren sozialistischen Kultur- und Bildungsplänen aufgenommen hatten. Aber auch Gruppen aus dem Kulturbund der DDR, Schulklassen oder Hausgemeinschaften verrichteten unentgeltliche Arbeitsstunden im Zoo.

Nach der Wiedervereinigung sank die Besucherzahl von 1,5 Mio. auf jährlich ca. 0,7 Mio. Erst 2001 konnte die eine Million Marke wieder geknackt werden. 2018 feiert der Zoo sein 140-jähriges Bestehen.

Vom Alltag aus dem Zoo zu DDR-Zeiten berichtete der ehemalige Zoodirektor und Diplom-Biologe Peter Müller uns, der KOOPERATIVE BERLIN.


Adresse: Zoo Leipzig Pfaffendorfer Str. 29, 04105 Leipzig

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